ABER HIER, WIE ÜBERHAUPT, KOMMT ES ANDERS, ALS MAN GLAUBT…

 

Von der Erfahrung, dass häufig etwas einen ganz anderen Verlauf nimmt, als man es wünscht - oder erhofft.

 

Autoren dieser Geschichte sind Hans und Ute Besch, die stolzen Besitzer von Alma von der Muggesfelder Heide


Vom Glück, auf (s)einen Kromfohrländer zu warten und ihn zu bekommen, haben wir in unserer Geschichte „Auf den Kromi gekommen - oder der lange Weg des Werdens“ für alle erzählt, die gerne auf ihren Kromi warten. Und für alle anderen natürlich auch.
Unsere hundelose Zeit war also im Sommer 2012 wieder zu Ende, und seitdem unsere „Alma“ bei uns ist, erleben wir jeden Tag aufs Neue, welche wundervolle Rasse über die letzten 60 Jahre hinweg mit viel Liebe und Hingabe gezüchtet wurde, aber auch mit viel Geduld, Schwierigkeiten und Rückschlägen.
Unsere Züchterin Claudia Muxfeld vom Zwinger www.muggesfelderheide.de hatte uns schon öfter davon berichtet, dass das Ergebnis eines Wurfes niemals und in keiner Hinsicht planbar sei, unabhängig davon, ob der Hobbyzüchter auf Rau- oder Glatthaar ausgerichtet ist. Planbar sei allerdings sehr wohl die Auswahl des künftigen Besitzers eines Kromfohrländer Welpen, dem der Züchter seinen kleinen Liebling für ein Leben lang anvertrauen möchte…

Und genau hier geht die erste Geschichte weiter…

Im Herbst 2011 entdeckt meine Frau während eines Einkaufsbummels in einem Buchladen einen Hund, der brav an der Seite seines Herrchens steht und sehr konzentriert wartet. Ein elegantes, mittelgroßes Rauhaarknäuel mit weiß-hellbrauner Zeichnung, einem lustigen Gesicht mit Kippohren, braunen Knopfaugen und mit einem Schnauzbart. Am Kopf eine markante, gleichmäßige Blesse und hinten eine prachtvolle Rute, stolz und sichelförmig getragen.

„Das ist er“, sagt sie plötzlich und schon ist sie weg, um mit dem Mann zu sprechen. Unmerklich, aber in heimlicher Übereinstimmung und fast unausgesprochen, befinden wir beide uns auf einmal wieder auf dem ‚Hundepfad‘. Ein K-r-o-m-f-o-h-r-l-ä-n-d-e-r sollte es also sein, rauhaarig, mit lustigem Gesicht und Schnauzbart - „genauso wie der aus dem Buchladen“.

Die Suche nach einem Rauhaar-Züchter beginnt also und wir haben wirklich viel Glück, dass wir nach einigen Monaten und über Umwege Claudia und ihre „Aloha“ kennen lernen. Der A-Wurf kommt wie geplant am 19. Mai 2012, und nach vielen Gesprächen und etlichen Besuchen sind auch wir „unter den Auserwählten“, einen der fünf kleinen Fellnasen zu bekommen.

Wer sollte wohl den Weg zu uns finden, der kleine Rüde oder eine seiner Schwestern?
Meine Frau und ich legen uns schon frühzeitig auf einen der kleinen rauhaarigen Winzlinge fest, der uns besonders hübsch und agil erscheint – der soll es sein!

Claudia hat allerdings noch keine Entscheidung getroffen, welcher Welpe an welche Familie gehen würde, dazu ist es einfach noch zu früh.

So begleiten wir also in den nächsten Wochen die Entwicklung des Wurfes auf der Homepage des Zwingers, telefonieren oft mit Claudia und besuchen gelegentlich den Wurf. Wir versuchen natürlich, die kleinen Welpen auseinander zu halten und besonders „unseren rauen Familienzuwachs“ kennen zu lernen.

Plötzlich schleichen sich bei uns Zweifel ein, ob es generell eine richtige Entscheidung ist, wieder einen Hund ins Haus zu holen. Jetzt, wo die Kinder (fast) aus dem Haus sind, uns wieder anderweitig zu binden, nicht nur zeitlich, wieder abhängig zu sein, weniger flexibel leben zu können. Privatleben, Wochenenden, Berufsalltag, Urlaub, alles muss dann irgendwie auf den Hund abgestellt werden. Wir haben teilweise sehr emotionale Unterhaltungen und diskutieren leidenschaftlich kontrovers diese Grundsatzfrage. Eine Frage, die für uns „eigentlich“ gar nicht existent sein sollte…

Lange Gespräche mit der Familie, mit Freunden, Bekannten, auch mit Claudia, die sich sehr einfühlsam mit unseren Bedenken auseinander setzt. Und natürlich nehmen wir – allerdings mehr beiläufig - zur Kenntnis, dass Claudia sich ebenso intensiv damit beschäftigt, welcher Interessent welchen Welpen bekommt, also wer zu wem „passt“: Dafür trägt sie als Züchterin die Verantwortung, dafür hat sie sich über Monate hinweg mit -zig Interessenten unterhalten. Egal, für uns steht „unserer“ ja schon fest. Wenn überhaupt, dann rau. Mit Schnauzbart. Basta.

Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt.

Dieses Zitat stammt aus dem ersten Kapitel von Wilhelm Busch‘s Bildergeschichte Plisch und Plum (1882), in dem zwei junge Hunde ertränkt werden sollen, die aber von zwei Buben heimlich gerettet werden. Nun sind wir zwar von dieser schrecklich klingenden Geschichte weit entfernt, aber dieses Zitat beschreibt in ironischem Ton genau diese Lebenserfahrung, dass nämlich häufig etwas einen ganz anderen Verlauf nimmt, als man es wünscht - oder erhofft. Und genau so kommt es…

Etwa zwei Wochen vor dem geplanten Abnahmetermin ruft meine Frau unsere Züchterin Claudia an und teilt ihr während des sehr langen Telefonates mit, dass wir nach reiflicher Überlegung den Entschluss gefasst haben, nun doch keinen Hund zu nehmen. Es ist eine Entscheidung, die wir als Familie gemeinsam tragen, so schwer es mir auch fällt. Die Reaktion von Claudia ist eine Mischung aus Unverständnis für die Argumente und gleichzeitig Verständnis für die Situation. Ihrer Empfehlung, unsere Entscheidung über das Wochenende zu überdenken, folgen wir gerne.

Überlegungen. Begründungen. Feingefühl. Emotionen. Erregung. Resignation. Trauer. Wut. Sprachlosigkeit. Wir möchten noch einmal persönlich mit der Züchterin sprechen und bei diesem Besuch teilt Claudia uns mit, dass sie für uns die Kromi-Hündin „Alma“ ausgewählt hat. Der niedliche Welpe ist – glatthaarig.

Also ein Glatthaar? Sie wird wohl eher kurzhaarig, soweit man das schon sagen kann, eventuell mit rauen Stellen hier und da? Jedenfalls kein Schnauzbart, das ist klar, vielleicht kommt später mal ein „Sparbart“ oder so etwas in der Richtung.


Ausserdem ist die Kleine schon ziemlich prall gebaut und hat ihren Spitznamen schon weg: die dicke Alma.

Glatt. Nicht rau. Kein Schnauzbart. Bestärkt von diesem Wink des Schicksals, bleibt es bei der Entscheidung: kein Hund. Wir lassen Claudia und den Wurf mit unserer Entscheidung alleine und ziehen uns in unsere eigene Sprachlosigkeit zurück.

Einige Tage vergehen, die Situation ist stets präsent, wird aber begreifbarer. Was passiert hier eigentlich? Was geschieht gerade mit uns, mit der dicken Alma, mit dem Wurf, mit Claudia? Hatten wir nicht nach reiflicher Überlegung schon vor Monaten den Entschluss gefasst, uns wieder einen Hund in die Familie zu holen? Neue Zweifel kommen auf, jetzt in die andere Richtung: was kann denn der kleine Kromi denn dafür, dass er glatthaarig und bartlos zur Welt kam und nicht rau mit Schnauzbart?

Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt.

Der Anruf meiner Frau platzt am Montagvormittag mitten in eine Besprechung. Rückruf geht nicht, also Entscheidung JETZT: Ja oder Nein? Wie nun reagieren? Ich sage, wenn wir die dicke Alma möchten, dann rufe jetzt Claudia JETZT an und wir fahren morgen Vormittag zu ihr. Der folgende Tag ist der schönste Dienstag, den wir gemeinsam erlebt haben…

Natürlich sieht unsere Alma heute nicht so aus, wie damals der Rauhaarige aus dem Buchladen. Aus der dicken Alma ist eine elegante, mittelgroße Glatthaar-Hündin geworden mit weiß-hellbrauner Zeichnung, einem lustigen Gesicht mit Kippohren, braunen Knopfaugen und ohne Schnauzbart. Am Kopf die markante, gleichmäßige Kromi Blesse und hinten eine prachtvolle Rute, stolz und sichelförmig getragen. Sehr schlank und lauffreudig, aufmerksam, treu, sie hat alle Attribute, die man dem besten Freund des Menschen nur zuschreiben kann.

Menschen und Tiere entwickeln sich mit der Zeit, sie verändern sich äußerlich wie innerlich. Unsere Alma macht uns jeden Tag aufs Neue glücklich, sie ist für uns eine Bereicherung in diesem Lebensabschnitt. Und je länger sie bei uns ist, desto weniger wichtig ist ihr Aussehen. Es ist ihr Wesen. Wir möchten sie nicht mehr missen.

Während ich diese Geschichte schreibe, liegt Alma unter dem Tisch auf meinen Füssen, so, wie sie fast ständig den unmittelbaren Kontakt zu uns sucht. Sie ist ein fester Bestandteil unseres Lebens geworden, tagtäglich, im Privaten wie im Beruf, in der Freizeit, beim Sport, am Wochenende oder im Urlaub. Unser Kromi passt sich fast jeder Situation an, unaufdringlich, gelehrig, gehorsam.

Sie ist halt glatt, nicht rau. Aber was spielt das noch für eine Rolle in den anderen Geschichten aus Alma’s Tagebüchern …